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Arbeitsmarkterfolg zugewanderter Studierender

Gastbeitrag von Sebastian Koch, Doktorand am Lehrstuhl für Personalwirtschaft an der Goethe-Universität Frankfurt

Zugewanderte, also im Ausland geborene Personen, sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Durchschnitt weniger erfolgreich als Einheimische. Selbst wenn man Faktoren wie Alter, Bildungsabschluss und Arbeitserfahrung berücksichtigt, sind ihre Einkommen niedriger. Zudem sind Zugewanderte in Deutschland mit geringerer Wahrscheinlichkeit erwerbstätig und mit höherer Wahrscheinlichkeit arbeitslos – ein Umstand, der auf die meisten Industrieländer zutrifft. Dass auch bei Hochschulabsolventen und -absolventinnen die Herkunft auf dem Arbeitsmarkt eine Rolle zu spielen scheint, verdeutlicht eine 2009 vom Centre for the Study of Higher Education der Universität Melbourne veröffentlichte Studie. Insbesondere zeigt die Studie, dass zugewanderte Hochschulabsolventen und -absolventinnen im Vergleich zu ähnlich qualifizierten Einheimischen mit höherer Wahrscheinlichkeit in einem Job arbeiten, der unterhalb ihres formalen Qualifikationsniveaus liegt oder nicht dem Fachgebiet ihres Hochschulabschlusses entspricht.

Die ökonomische Forschung hat verschiedene Erklärungsansätze für das schlechtere Abschneiden von Zugewanderten auf dem Arbeitsmarkt diskutiert, darunter insbesondere fehlende Sprachkenntnisse und Diskriminierung. In einer Masterarbeit wurde nun untersucht, ob bei Studierenden ein zusätzliches Problem darin bestehen könnte, dass sich zugewanderte Studierende weniger gut mit den Besonderheiten des deutschen Arbeitsmarktes auskennen als ihre einheimischen Kommilitoninnen und Kommilitonen und sich deshalb weniger effektiv auf den Arbeitsmarkteintritt vorbereiten. Um diese Hypothese zu untersuchen, betrachtet die Masterarbeit die berufsvorbereitenden Aktivitäten von Studierenden, zu denen insbesondere Praktika, Studentenjobs sowie ehrenamtliches und soziales Engagement gehören. In einer Vielzahl von Studien und speziell für Studierende wurde festgestellt, dass sich solche Aktivitäten positiv auf Löhne auswirken und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, eine Rückmeldung auf eine Bewerbung zu erhalten.

Im ersten Teil der Masterarbeit werden die Lebensläufe von 580 Studierenden verschiedener Fachrichtungen untersucht. Ein Großteil dieser Lebensläufe stammt von Studierenden der Universitäten Frankfurt und Köln. Die empirische Analyse zeigt, dass zugewanderte Studierende etwa 60 % weniger Praktika und rund 35 % weniger Studentenjobs auf ihrem Lebenslauf aufführen als einheimische Studierende. Zudem weisen zugewanderte Studierende gemäß ihrem Lebenslauf eine 30 % (75 %) geringere Wahrscheinlichkeit auf, ehrenamtlich (sozial) engagiert zu sein. Diese Unterschiede bestehen auch dann, wenn man für Faktoren wie Alter, Geschlecht, Berufsausbildung, Studienfach und Studiendauer kontrolliert.

Betrachtet man die zeitliche Entwicklung im Studienverlauf, erkennt man, dass sich der Vorsprung einheimischer Studierender in Sachen Praktika vor allem in den ersten Studienjahren ergibt. Während einige einheimische Studierende schon in den ersten Studienjahren Praktika absolvieren, wenden sich zugewanderte Studierende dieser Form der Berufsvorbereitung erst ab dem dritten Studienjahr in nennenswertem Umfang zu.

Um den Ursachen hinter den in den Lebensläufen beobachteten Unterschieden auf den Grund zu gehen, wurde im Rahmen der Masterarbeit zudem eine Befragung unter 204 BWL-Studierenden an den Universitäten Frankfurt, Köln und Konstanz durchgeführt. Die Auswertung dieser Befragung zeigt, dass zugewanderte Studierende zwar etwa genauso viele Praktikumsbewerbungen versenden wie ihre einheimischen Kommilitoninnen und Kommilitonen, ihre Praktikumsbewerbungen aber seltener erfolgreich sind. Dies scheint auch dadurch bedingt zu sein, dass zugewanderte Studierende weniger mit den Besonderheiten einer deutschen Bewerbung vertraut sind. So weisen zugewanderte Studierende eine rund 30 % geringere Wahrscheinlichkeit auf, eine Reihe von Fragen zu den typischen Eigenschaften einer deutschen Bewerbung richtig zu beantworten. Darüber hinaus stimmen sie im Vergleich zu einheimischen Studierenden mit signifikant niedrigerer Wahrscheinlichkeit der Aussage zu, dass es vorteilhaft ist, ehrenamtliches Engagement auf dem Lebenslauf zu haben.

Die Ergebnisse der Masterarbeit deuten an, dass der Arbeitsmarkterfolg zugewanderter Studierender verbessert werden könnte, wenn ihnen die Besonderheiten des deutschen Arbeitsmarktes vermittelt würden. Da sich die Unterschiede in den Lebensläufen zugewanderter und einheimischer Studierender jedoch bereits in den ersten Studienjahren ergeben, sollten zugewanderte Studierende die nötigen Kenntnisse zur Funktionsweise des deutschen Arbeitsmarktes gleich zu Beginn ihres Studiums erwerben.

Bei Fragen zu den zitierten Studien können Sie sich gerne an Sebastian Koch wenden: s.koch@its.uni-frankfurt.de

Bei Fragen zu Ihren Bewerbungsunterlagen und zum Berufseinstieg, kommen Sie gerne in die offene Sprechstunde des Career Service:

Mo., 14:00 – 17:00
Campus Westend, Erdgeschoss
Hörsaalzentrum, Servicebüro

Informationen und Beratung zum Thema Ehrenamt und Engagement in Studium, Gesellschaft und Beruf erhalten Sie unter: engagement@uni-frankfurt.de

sowie auf der Website: www.uni-frankfurt.de/engagement

Karriereplaner - Ausgabe: SoSe 2020